Adipositas im Kindesalter erhöht das kardiovaskuläre Risiko im Erwachsenenalter

Kommentar von Prof. A. Onat
Türkische Gesellschaft für Kardiologie
Universität Istanbul

Forscher in Italien haben nachgewiesen, dass Adipositas im Kindesalter mit vaskulären Anomalien, die durch erhöhte Level an Markern von vaskulärer Endothelzell- und Thrombozytenaktivierung angezeigt werden, in Zusammenhang steht. Außerdem gibt es bei Kindern mit Fettsucht Anzeichen für einen erhöhten Grad an systemischer Inflammation. Diese frühen Veränderungen könnten das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben erhöhen.

Kommentar

Die fettsuchtbedingte Aktivierung von Thrombozyten oder vaskulären Endothelzellen ist nachgewiesenermaßen ein Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse bei fettsüchtigen Erwachsenen, und Zeichen von endothelialer Dysfunktion stehen in Beziehung mit Anzeichen von Insulinresistenz bei schwer fettsüchtigen Kindern.

Diese Querschnittsstudie mit einer sorgfältig ausgewählten Testgruppe von 40 fettsüchtigen und 40 nicht-fettsüchtigen Kindern im schulpflichtigen Alter bestätigt die spezifische Hypothese, dass die fettsuchtbedingte Aktivierung von vaskulären Endothelzellen und Thrombozyten bereits im Kindesalter auftreten kann. Die positiven Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Vorkommen von erhöhtem oxidativen Stress, niedrig-gradiger systemischer Inflammaiton, Insulinresistenz oder eine Kombination all dieser Phänomene das Potential besitzen, zu einer persistierenden Gefäßwandentzündung zu führen.

Ob nun die fettsuchtbedingte Aktivierung der vaskulären Endothelzellen und Thrombozyten während der Kindheit ein zuverlässiger Prädiktor für ungünstige kardiovaskuläre Folgen im späteren Leben ist, bleibt höchst fraglich, da auf diesem Gebiet prospektive Studien mit langem Follow-up offensichtlich fehlen. Darüber hinaus bleibt es umstritten, ob sie voraussagende Informationen zusätzlich zu denen bietet, die durch etabliertere Risikofaktoren geliefert werden.

Nichtsdestoweniger zeigt diese Studie zum ersten Mal, dass erhöhte zirkulierende Konzentrationen löslicher Marker von vaskulärer Endothelzellaktivierung und Thrombozytenaktivierung mit Adipositas und Insulinresistenz im Kindesalter in Zusammenhang stehen. Mit Sicherheit sollte Fettsucht, insbesondere mit Insulinresistenz assoziierte, von der Kindheit an vermieden oder zumindest minimal gehalten werden.

Zusammenfassung

Adipositas bei Kindern ist dafür bekannt, das Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität im späteren Leben zu erhöhen. Forscher in Italien haben nun untersucht, ob Adipositas bei Kindern frühe Gefäßveränderungen fördert, die möglicherweise für das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im Erwachsenenalter verantwortlich sind. In den frühesten Stadien der arteriellen Plaquebildung sind bestimmte Adhäsionsmoleküle auf der Oberfläche von vaskulären Endothelzellen hochreguliert. Darüber hinaus beeinflussen die aktivierten Thrombozyten auch die adhäsiven Eigenschaften der Endothelzellen. Diese Veränderungen ermöglichen es anderen Zellen, in das Endothel einzudringen, wo sie die Bildung der Plaque initiieren.

Bei 40 fettsüchtigen und 40 nicht-fettsüchtigen Kindern wurden die Werte der Marker für vaskuläre Endothelzellaktivierung (lösliches Interzelluläres Adhesionsmolekül 1 [ICAM-1], Vascular Cell Adhesion Molecule-1 [VCAM-1] und lösliches E-Selectin) und für Thrombozytenaktivierung (lösliches P-Selectin und löslicher CD40 Ligand) miteinander verglichen. Zusätzlich wurden die Werte von 8-iso-Prostaglandin F2α , einem Marker für oxidativen Stress (Lipidperoxidation), und des C-reaktiven Proteins, einem Marker für systemische Entzündungen, ebenfalls bei den beiden Gruppen verglichen. Fettsüchtige Kinder mit komorbiden Störungen wie Hypertonie, Diabetes und allergischen Erkrankungen, die jede für sich dafür bekannt sind, diese Marker zu beeinflussen, waren von der Studie ausgeschlossen.

Die Werte für Blutdruck, Lipidprofile und Glukosekonzentrationen waren bei den beiden Gruppen von Kindern vergleichbar. Allerdings wiesen die fettsüchtigen Kinder höhere Nüchternwerte von Insulin auf und waren insulinresistenter als die Kinder ohne Adipositas. Wie die Abbildung zeigt, wiesen die Kinder mit Fettsucht gegenüber den Kindern ohne Fettsucht signifikant höhere Werte bei allen untersuchten Markern auf (p < 0.001 für jeden Marker).

Die Gesamtkonzentration von 8-iso-Prostaglandin F2α korrelierte signifikant mit der Konzentration von löslichlichem ICAM-1 (p = 0.0015), VCAM-1 (p = 0.0009), P-Selection (p = 0.0037), CD40 Ligand (p = 0.0011) und C-reaktivem Protein (p = 0.0006). Dies deutet darauf hin, dass eine erhöhte Lipidperoxidation die dominierende Verbindung zwischen Adipositas und der Aktivierung von vaskulären Endothelzellen und Thrombozyten bei fettsüchtigen Kindern darstellen könnte.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Adipositats bei Kindern mit frühen Gefäßveränderungen assoziert ist, die das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben erhöhen können.

Quellen

1. Ridker PM, Buring JE, Rifai N. Soluble P-selectin and the risk of future cardiovascular events. Circulation. 2001;103:491-5.

2. Tounian P, Aggoun Y, Dubern B, et al. Presence of increased stiffness of the common carotid artery and endothelial dysfunction in severely obese children: a prospective study. Lancet. 2001;358:1400-4.

3. Blann AD, Nadar SK, Lip GY. The adhesion molecule P-selectin and cardiovascular disease. Eur Heart J. 2003;24:2166-79.