wer
kennt sie nicht, die Acetylsalicylsäure, kurz ASS genannt. U. a. als
Aspirin® auf dem Markt, überschreitet die Weltjahresproduktion
mittlerweile immerhin die 50.000 Tonnen-Grenze. Das ergibt 100
Milliarden Tabletten a´ 500mg. Mit anderen Worten: Auf jeden
Erdenbürger, ob Baby oder Greis, ob Eskimo oder Südafrikaner, entfallen
so 20 Tabletten jährlich.
8,3 Millionen Menschen nehmen täglich ASS gegen Kopfschmerzen.
Und zwei Drittel der Leistungssportler, Marathon- und
Hobby-Marathonläufer geben es sich, rein prophylaktisch, vor jedem
Wettkampf. Schmerzbehandlung fällt schließlich nicht unter Doping.
Wirkweise
Aus
der Arachidonsäure – eine ungesättigte Fettsäure – werden durch das
Enzym Carboloxygenase sogenannte Prostaglandine gebildet. Dabei handelt
es sich um Botenstoffe, die Entzündungen im Körper fördern. ASS hemmt
die Funktion des Enzyms, sodass weiniger Prostaglandine gebildet werden.
Mit dem Resultat der fiebersenkenden, entzündungshemmenden und
schmerzlindernden Wirkung.
Neben dieser klassischen Wirkung spielt
ASS aber zudem eine Rolle in der Thrombozytenaggregationshemmung. Mit
anderen Worten: ASS wirkt Verklumpungen von Blutplättchen (Thrombozyten)
entgegen und verhindert so ggf. Blut-Gerinnsel. „Bei stark gefährdeten
Patienten, bei denen eine Gefäßverengung bereits nachgewiesen wurde,
zeigten wissenschaftliche Studien, dass das Risiko einen Herzinfarkt
oder Schlaganfall zu erleiden mit ASS um lediglich einige Prozent
sinkt“, sagt z. B. Dr. Volker Schmiedel, Habichtswaldklinik, Kassel.
Prävention (Vorbeugung)
In
der eigentlichen Prävention hat sich ASS aber nicht bewährt. Unwissend
greifen viele Gesunde täglich zu einer oder mehreren ASS-Tabletten, in
der Hoffnung sich etwas Gutes zu tun. Oft mit fatalen und
lebensgefährlichen Folgen.
Prof. Friedrich Hagenmüller,
Asklepios-Klinik, Hamburg-Altona, gibt zu bedenken, dass jährlich bis zu
5.000 Menschen an inneren Blutungen durch ASS-Selbst-Verordnung
sterben. Z. B. erweitert Alkohol die Gefäße. Kommt ASS hinzu, so kann
das zu einem tödlichen Cocktail werden.
Wissenschaftler der St.
George´s Universität, London, haben 100.000 Studienteilnehmer, die
täglich Aspirin zu sich nehmen, sechs Jahre lang beobachtet. Jetzt haben
sie das Ergebnis der Studie veröffentlicht.
Gesunde, die täglich
Aspirin einnehmen, haben ein 30 Prozent höheres Risiko innere Blutungen
zu bekommen. Also immerhin einer von ca. 70 Patienten bekam innerhalb
dieser sechs Jahre innere Blutungen, die sehr gefährlich sind und in
vielen Fällen tödlich endeten.
Empfehlung
Deshalb empfehlen die Wissenschaftler gesunden Menschen auf die ASS-Tablette ganz zu verzichten. Sie empfehlen moderaten Sport und absoluten Rauchstopp. So lässt sich das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko deutlich senken.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten:
- Antikoagulantien (z.B. Marcumar®, Heparinspritze) und ASS verlängern die Blutungszeit
- Digoxin (Digitalis, z.B. Novodigal®) und ASS erhöhen den Digoxinspiegel im Blut
- Kortisonpräparate und ASS erhöhen die Gefahr von Magen-Darm-Blutungen
- Alkohol und ASS erhöhen die Gefahr von Magen-Darm-Blutungen
- Nicht-steroidale Antirheumatika (z.B. Voltaren®) und ASS verstärken die Wirkungen, aber auch die Nebenwirkungen und erhöhen die Gefahr von Magen-Darm-Blutungen
- Valproinsäure (ein Mittel gegen Epilepsie) und ASS erhöhen die Gefahr von Magen-Darm-Blutungen
- Orale Antidiabetika (z.B. Euglucon®) und ASS erhöhen das Risiko einer Unterzuckerung
- Methotrexat und ASS erhöhen die Nebenwirkungen von Methotrexat
- Barbiturate, Lithium, Sulfonamide, Trihodthyronin und ASS verstärken die jeweiligen Wirkung der Medikamente
- Antihypertonika (Mittel gegen Bluthochdruck), Aldosteronantagonisten (z.B. Spironolacton), Schleifendiuretika (z.B. Furosemid), Urikosurika, jeweils in Verbindung mit ASS, vermindern die Wirkung der jeweiligen Medikamente
- Antazida (Säurebinder, z.B. Maaloxan®) vermindern die Wirkung von ASS
- Ibuprofen darf nur mit mindestens 30-ig Minuten Abstand, nach der Einnahme von ASS eingenommen werden, außerdem spätestens 8 Stunden vor der Einnahme von ASS, da sonst die Wirkung von ASS aufgehoben wird
Pro und Contra
Frau
Prof. Cornelia Ulrich, Deutsches Krebsforschungs-Zentrum, forscht
momentan mit ASS. Ihrer Meinung nach gibt es Anhaltspunkte dafür, dass
ASS eine Krebs hemmende Wirkung zeigt. Z. B. gerade bei Darmpolypen.
Ulrich will ihre ersten Ergebnisse demnächst veröffentlichen.
Während
bis jetzt noch täglich 100mg ASS als Dauertherapie verordnet und
Risiken in Kauf genommen werden, vermutet man den positiven Effekt
zukünftig schon bei vielleicht lediglich 30mg täglich.
Weiterhin
verhaltend äußert sich dagegen Prof. Hagenmüller. Er sieht unterm Strich
mehr Risiko und Schaden als Nutzen. Von seiner Warte aus berechtigt.
Schließlich hat er tagtäglich die inneren Blutungen auf dem Tisch,
ausgelöst durch ASS.