Viele Antibiotika-resistente Keime kommen auch aus der Massentierhaltung

Prof. Dr. Klaus Buchner, Mitglied des Europäischen Parlaments (ÖDP), ist auf Mitgliederfang für die ÖDP, mit dem Thema: „Stoppt industrielle Massentierhaltung: Brutstätten für Antibiotika-resistente Keime.“ Ich bin der Einladung gefolgt und habe wieder einmal dazugelernt.

Wussten Sie, dass in Deutschland jährlich ca. 37 Millionen Legehennen getötet werden? Und das bereits nach ein zwei Jahren, wenn sie weniger Eier legen? Das ist dann der Dank für die Eier. Und natürlich dafür, dass eine Henne ihr ganzes Leben lang auf einer Fläche, kleiner als ein DIN A4 Blatt, verbringen muss. Die normale Lebenszeit einer Henne beträgt ca. 10 Jahre. Übrigens, männliche Küken werden ja sowieso gleich nach dem Schlüpfen geschreddert.

Wussten Sie, dass in der Europäischen Union jährlich ca. 30 Millionen Kaninchen zu Fleisch verarbeitet werden? Dabei handelt es sich aber nicht nur um Fleisch, das für Menschen bestimmt ist, sondern vielmehr um Fleisch, das zu Hunde- und Katzenfutter verarbeitet wird.

Wussten Sie, dass männliche Kälber ihr Leben schnell lassen müssen? Und seit 1960 hat man dafür gesorgt, dass die jährliche Milchleistung bei Kühen kontinuierlich gesteigert werden konnte. Von damals ca. 8.000 Liter auf ca. 20.000 Liter p. a. heute. Wenn die Tiere, nach vier fünf Jahren, diese Hochleistungsmengen Milch nicht mehr produzieren können, dann werden sie geschlachtet.

Wussten Sie, dass Schweine schon eine Woche vor dem Wurf und bis zu vier Wochen nach dem Wurf, fixiert werden, damit die Ferkel nach der Geburt, in den Ställen, nicht totgetrampelt werden. So eng ist ein Stall. Jungsauen werden bereits im Alter von acht Monaten besamt. Dann sind sie aber noch lange nicht ausgewachsen. Die Besamungsboxen sind nur zwei Meter lang und siebzig Zentimeter breit. Der harte Boden ist zur Hälfte durchlöchert. Alle Tiere leiden unter schmerzhaftem Dekubitus. Man staunt nicht schlecht, wenn man hört, dass holländische Mastbetriebe, zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern, von Deutschland sogar gefördert werden.

Da wundert es einen nicht mehr, dass bei einer solch desaströsen Massentierhaltung gefährliche multiresistente Keime (MRSA) weiter auf dem Vormarsch sind. In der Medizin werden Antibiotika am Menschen ja schon lange oft total falsch angewendet. Und in der Tierzucht werden Antibiotika bereits durch die Eierschale gespritzt, während die Eier noch bebrütet werden. Was für ein unverantwortlicher, rein monetärer, sträflicher Wahn- und Schwachsinn! Mittlerweile sind, laut „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND) über 80 Prozent Putenfleisch in deutschen Diskountern mit MRSA belastet. Dasselbe trifft auf 25 Prozent Hühnerfleisch zu. Außerdem sind 52 Prozent der Schweineställe mit MRSA belastet (Quelle: SZ 19.09.2012). Laut Hygieneinstitut der Universitätsklinik Münster konnte durch einen Abstrich in der Nase nachgewiesen werden, dass knapp 90 Prozent der Schweinehalter und ca. 45 Prozent der Tierärzte mit dem multiresistenten MRSA-Keim belastet sind. Kein Wunder, dass der Verbrauch von Reserveantibiotika seit 2011 um 50 Prozent gestiegen ist. Nichtsdestotrotz hat die Massentierhaltung weiter zugenommen (Quelle: Bauern-Verband, Bundesregierung, EU). Trotzdem die letzten 15 Jahre, in Deutschland, ca. 80 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe die Tierhaltung aufgeben mussten, wird gleichzeitig ca. 50 Prozent mehr Fleisch produziert (Heinrich Böll-Stiftung). Und mit dem Freihandelsabkommen CETA ist es möglich, dass ein Vielfaches an Billig-Schweinefleisch aus Massentierhaltung sogar aus Kanada importiert wird. Letztendlich kann das EU-Parlament der EU-Kommission Verbesserungsvorschläge zur Tierhaltung (letzter am 16.04.2016) lediglich unterbreiten. Die Entscheidung darüber, ob die Vorschläge Gesetz werden, trifft aber die EU-Kommission. „Doch der EU-Kommissar ist Hardliner und hat an einer Gesetzesänderung kein Interesse“, weiß der Europa-Abgeordnete Prof. Klaus Buchner (ÖDP).

Übrigens: Methan ist 25-mal schädlicher als CO2 (40 Prozent kommt aus der Nutztierhaltung). Nicht zu vergessen Ammoniak, Stickoxide, Glyphosat usw. Auch bei Biogas-Anlagen entstehen Restgase, die hochkontaminiert (mit Giften belastet) sind. 18 Prozent der Klimagifte stammen aus der Nutztierhaltung. Dieser Prozentsatz ist höher als der vom Verkehr. Mittlerweile wurde bereits ein Fünftel des Regenwaldes zerstört und ein weiteres Fünftel stark beschädigt.

Buchner fordert jetzt, dass keine Antibiotika mehr an gesunde Tiere verabreicht werden dürfen. Tiere sollen zudem keine Reserveantibiotika mehr erhalten. Der Handel mit Antibiotika (nicht die Verabreichung von Antibiotika) soll Tierärzten verboten werden. Natürlich sind auch Hormongaben, genetisch veränderte Futtermittel und selbstverständlich die artgerechte Tierhaltung Buchners  Thema. „Denken Sie nur an die Landwirte, die ihre Gülle ständig auf den Feldern entsorgen“, so Buchner. „Die Keime geraten dadurch ins Grundwasser, in die Pflanzen und infolge ins Fleisch. Daran haben selbst Vegetarier und Veganer noch nicht gedacht“, so Buchner weiter. Keiner kann entrinnen.

In diesem Zusammenhang dachte ich sofort wieder an die Katastrophe mit dem ersten ganz natürlichen und rein pflanzlichen Vitamin B12-Präparat. Nicht zu verwechseln mit Vitamin B12-Produkten, die durch Bakterien im Fermenter (Bioreaktor) hergestellt werden. In 2008/2009 fiel dem Hersteller bei den Kontrollen der Sanddorn-Tranchen auf, dass die Pflanzen immer weniger Vitamin B12 enthielten. Daraufhin hat der Hersteller die Produktion und den Verkauf sofort gestoppt. Die Ursache war bald gefunden. Es war der Beginn der Zeit, als mit EU-Förderprogrammen der Sanddornanbau bezuschusst wurde. Um die Sanddorn-Produktion schnell zu steigern, haben die Vertragsbauern den Boden damals einfach in kurzer Zeit total überdüngt. Man muss wissen, dass Vitamin B12 von Bodenbakterien, zum Beispiel von Propionsäurebakterien und Frankia-Aktinomyceten, im Erdreich gebildet wird. Die Pflanze lebt mit diesen Stickstoff-fixierenden Bakterien in Symbiose und nimmt das von ihnen produzierte Vitamin B12 über die Wurzeln auf. Pflanzen sind nicht in der Lage Vitamin B12 selbst herzustellen. Gelangt aber mit Dung zu viel Stickstoff in den Boden, dann verschwinden diese Vitamin B12-bildenden Bakterien. Das Desaster war groß. Es hat fast acht Jahre gedauert, bis das einzige, am Markt befindliche, rein pflanzliche Nachfolgeprodukt „Sidea®“ wieder erfolgreich in den Handel gebracht werden konnte. Dieser Fall ist nur ein Beispiel dafür, was passiert, wenn der Mensch in die Natur eingreift.

Eines ist sicher. Die Politik ändert nichts. Ein Wandel ist nur in Sicht, wenn der Verbraucher sein persönliches Verhalten ändert. Doch das wird ziemlich sicher ebenfalls nur in geringem Maße passieren. Sinnvoll ist es aber allemal, Menschen wie Buchner im Rahmen seiner Petition zu unterstützen, um so Druck auf die EU-Kommission auszuüben (zur Petition – hier anklicken). Darüber hinaus dürfen Freihandelsabkommen wie CETA keine Chance haben.

Was mich allerdings an Buchners Abend irritierte: Ich habe erwähnt, dass Prof. Jens Träder (Universität zu Lübeck) eine kleine MRSA-Pilotstudie durchgeführt hat, mit einem rein pflanzlichen Mittel. Innerhalb von lediglich vierzehn Tagen waren bei sämtlichen Probanden alle multiresistenten Keime komplett verschwunden. Und ich habe zudem erwähnt, dass daraufhin bereits in 2016 eine weitere, große Folge-Studie angelaufen ist. Doch Buchner hat das leider überhaupt nicht interessiert. Wortlos und wie angewurzelt stand er da. Hoffen wir, dass er das Thema richtig anpackt und nicht nur auf Mitgliederfang ist.