Spitzwegerich – jetzt wird´s volksheilkundlich

Mittlerweile kommt Spitzwegerich (Plantago lanceolata) fast überall vor. Er wächst auf Wiesen und an Wegrändern. Und er enthält Iridoidglycoside, Schleimstoffe, Gerb- und Kieselsäure. Die starke antibakterielle Wirkung kommt durch die Abbauprodukte der Iridoide zustande, seine entzündungshemmende Wirkung durch die Gerbstoffe. Spitzwegerich ist hauptsächlich bekannt durch die Anwendung bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Zum Beispiel bei Halsweh, Katharren usw. 
Die wenigsten kommen heute noch auf die Idee Spitzwegerich auch rein äußerlich anzuwenden. Zudem hat die Betaisodona-Salbe der Natur längst den Rang abgelaufen. Dabei ist das sehr schade.

Übrigens

Frischer Spitzwegerich kommt bei uns oft zur Anwendung. Bei Bedarf wird er, rein zum eigenen Gebrauch, frisch von der geschützten Wiese geholt und gleich verarbeitet. Zum Beispiel bei Insektenstichen, offenen Wunden oder als Bestandteil eines Salats.

Der Fall

Es war bereits in den 90er Jahreen. Ein eingewachsener Zehennagel machte mir immer mehr Probleme. Irgendwann ging es nicht mehr und ich bemühte einen Chirurgen. Der hat natürlich gleich geschnipselt. Betaisodona drauf. Und dann folgten die Verbandwechsel, vor denen ich mich fürchtete. Der Verband klebte jedesmal an der Wunde fest. Mit dem Resultat, dass ich drei Wochen in keinen Schuh mehr rein kam. Das Dumme war nur, dass ich nach etwas über einem dreiviertel Jahr wieder dasselbe Problem hatte. Diesmal vertraute ich mich einem Chefarzt an, mit dem ich wirklich einen guten Faden spann. Für ihn war das natürlich alles kein Problem. Mit einem etwas mitleidigen Lächeln im Gesicht schwang er sein Skalpell. Wieder Betaisodona drauf und nach Hause.
Diesmal schickte ich aber meine Frau sogleich auf eine nahegelegene Wiese, um frischen Spitzwegerich zu holen. Sie brachte ein großes Büschel davon nach Hause. Der Spitzwegerich wurde unter kaltem Wasser gewaschen. Dann kam er in die Salatschleuder. Und anschließend presste ich das ganze Büschel in unserer elektrischen Saftpresse aus. Die Ausbeute war enorm. Ziemlich viel dunkelgrüner Saft.

Sofort machte ich den frisch angelegten Krankenhaus-Verband ab und säuberte die Wunde so gut es ging von der Betaisodona-Salbe. Danach badete ich den frisch operierten Zeh ca. eine Minute in der dunkelgrünen Brühe. Drei vier Spitzwegerich-Blätter, die ich zurückbehielt, wickelte ich jetzt um den nassen Zeh. Darüber kam ein neuer Verband. Fertig.

Am nächsten Tag musste ich in die Klinik zum Verbandwechsel. Als die Schwester den Verband in der Ambulanz abnahm ist sie erschrocken. Der ganze Verband war innen schwarz. Der Zeh ebenfalls teilweise. Klar, das Blut hatte sich mit dem dunklen Spitzwegerich-Saft vermischt und war geronnen. Als ich ihr erklärte was ich getan hatte, wurde sie sehr eckig und fing an mich verbal zu attakieren. Ich unterbrach sie und machte ihr in kurzen Sätzen unmissverständlich und lautstark klar, dass ich die Behandlung bar bezahle. Und ich sie beschäftige. Nicht umgekehrt. Wer zahlt schafft an. Und das war nun jetzt gerade halt mal ich. So leicht verständlich hatte ihr das wohl noch niemand verklickert. Mit hochrotem Kopf rannte sie aus dem Raum und stieß fast mit meinem Operateur zusammen, der mich irritiert grinsend begrüßte. Die Sache klärte sich schnell auf. Der Verband ging wunderbar ab und die Wunde wurde durch den Verbandwechsel nicht aufgerissen. Alles sah sehr gut aus. Ich bat lediglich diesmal einen kleinen Verband anzulegen, ohne Salbe, damit ich zuhause wieder meinen Spitzwegerich-Verband anlegen konnte. Mein Behandler war sofort damit einverstanden. Er gab mir sogar Recht. Ihm war die Wirkung des Saftes klar. Er gab aber zu bedenken, dass ihm im Krankenhaus die Hände in dieser Hinischt halt gebunden sind.

Nach drei Tagen konnte ich schon wieder einige Schuhe tragen. Es gab nur noch einen Miniverband. Leicht angeriebene Spitzwegerich-Blätter und Pflaster. Ein enormer Heilerfolg gegenüber der letzten Operation.

Heute sind mir als Therapeut die Hände gebunden, um Ihnen den Ratschlag zu geben Spitzwegerich von der Wiese zu holen und damit eine Wundbehandlung durchzuführen. Sie sollten, aus rein hygienischen Gründen, den Press-Saft in der Apotheke kaufen. Doch der Rat zur Anwendung bleibt bestehen. Schließlich handelt es sich dabei um ein pflanzliches und starkes Antibiotikum, ohne die gefürchteten Nebenwirkungen anschließend.