Kann ich immer „das Wasser halten“, wenn ich huste? Schaffe ich es noch rechtzeitig zur Toilette? Soll ich mich wirklich zu dem Busausflug anmelden? Das sind Fragen, die das Leben der Patienten bestimmen. Mehr als 60 % der Menschen über 60 Jahren leiden an einer Blasenschwäche. Jetzt sind zwei neue Verfahren verfügbar, die eine Behandlung – vor allem im Bereich der Stressinkontinenz – noch erfolgreicher machen:
Vibrationstraining stärkt den Beckenboden
Eine Harninkontinenz kann z. B. durch eine Schwäche des Schließmuskels und bei Frauen durch eine Gebärmuttersenkung bedingt sein. Man spricht dann von einer „Stress- oder Belastungsinkontinenz“. Dagegen liegt einer „Dranginkontinenz“ eine überaktive Blasenmuskulatur zugrunde (Reizblase). Eine sehr erfolgreiche Methode gegen Stressinkontinenz ist das Beckenbodentraining. An der Universität Göttingen haben Mediziner diese gymnastischen Übungen durch ein so genanntes Vibrationstraining ergänzt. Dabei stehen die Patienten auf einer Art Wippe, die von einem Motor angetrieben wird. Sie hebt und senkt sich sehr schnell, aber lediglich um einige Millimeter. Die Patienten spüren das als eine leichte Vibration. Die Muskulatur reagiert dabei unwillkürlich und versucht, diese Bewegung auszugleichen. Pro Minute kommt es dabei im Bereich des Beckenbodens zu fast 1.800 Muskelkontraktionen. Regelmäßig angewandt, ist das ein perfektes Training für Ihre Beckenbodenmuskeln.
In Göttingen wurden im Jahr 2003 im Rahmen einer Studie 90 Frauen, die an Stressinkontinenz litten, mit der Kombination aus Vibrations- und Beckenbodentraining behandelt (12 Wochen lang; jeweils 2-mal wöchentlich). Zuerst standen sie 8 Minuten auf der Vibrationsplatte, dann wurde 30 Minuten lang ein herkömmliches Beckenbodentraining durchgeführt. 4 von 5 Patientinnen konnten so vollkommen geheilt werden. Beim herkömmlichen Training liegt diese Rate lediglich bei 2 von 5. Bei Schwangerschaft, frischen Thrombosen, Sehnenerkrankungen sowie Herzschwäche, koronare Herzkrankheit und Angina pectoris dürfen Sie das Gerät nicht anwenden
Gel-Injektionen: Ein ambulanter Eingriff verengt die Harnröhre
Einen ganz anderen Ansatz zur Heilung der Harninkontinenz bietet das so genannte Zuidex®-System. Dabei werden in einer ambulanten Operation feine Injektionsnadeln durch den Harnleiter vorgeschoben. Dann wird an vier ringförmig angeordneten Punkten ein Gel in die Wand der Harnröhre injiziert. So wird die Harnröhre von einer kleinen ringförmigen Wulst verengt, und der Harn kann z. B. beim Niesen oder beim Sport besser zurückgehalten werden. Der Eingriff wird unter örtlicher Betäubung vorgenommen und dauert lediglich 15 Minuten. Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, die Kosten zu tragen. Daher müssen Sie diese Frage vorher mit Ihrem Kassensachbearbeiter klären. Die Erfolgsrate liegt mit dieser Methode zwischen 70 und 80 %. Nachteil der Methode: Das Implantat muss nach etwa 4 Jahren erneuert werden. Seltene Nebenwirkungen sind kurzfristige Schmerzen beim Wasserlassen und Schwellungen im Genitalbereich.