Auf einmal sollen Milchsäurebakterien Entzündungen doch lindern und so Magen- und Darmbeschwerden vorbeugen können. Was gestandenen, naturheilkundlich ausgerichteten Ärzten und Heilpraktikern längst bekannt ist, und mit Erfolg bereits seit Jahrzehnten praktiziert wird, scheint jetzt die Wissenschaft aktuell ebenfalls herausgefunden zu haben. Guten Morgen… Manchmal scheint es, als wenn das Weltrad tatsächlich doch ein zweites Mal neu erfunden werden könnte. Das jedenfalls schafften jetzt Wissenschaftler (Biologen und Ernährungswissenschaftler) um Prof. Dirk Haller von der TU München.
Das von bestimmten Milchsäurebakterien produzierte Enzym Lacotcepin ist in der Lage gezielt entzündungsfördernde Botenstoffe (Chemokine) abzubauen bzw. Entzündungsreaktionen zu unterbrechen, so die Wissenschaftler. Für eine normale Immunabwehr werden Chemokine benötigt, um Abwehrzellen zu den Infektionsherden anzulocken. Z. B. bei M. Crohn und Colitis ulcerosa ist dieser Abwehrmechanismus gegen Infektionserreger aber gestört. Hier tragen Chemokine dazu bei, dass das angegriffene Gewebe ständig entzündet bleibt. Überraschend war für die Wissenschaftler aber wohl die enorme Kraft, mit der das Enzym ganz bestimmte Entzündungsbotenstoffe im Zaum hält, bzw. bekämpft und abbaut.
Wird somit Joghurt medizinisch doch so richtig relevant? Nein, denn therapeutisch ist die Wirkung von Joghurt viel zu schwach. Die Werbung sorgt lediglich für höhere Verkaufszahlen. Jedoch hochdosiert sind Bakterienstämme, wie der untersuchte „Lactobacillus paracasei“, hochwirksam. Dieser ist in einschlägigen Präparaten aber sowieso seit zig Jahren hochdosiert enthalten. Im Endeffekt gilt also: Altes Haus – neuer, weißer Anstrich.
Originalpublikation:
Lactocepin Secreted By Lactobacillus Exerts Anti-Inflammatory Effects By Selectively Degrading Proinflammatory Chemokines
D. Haller; Cell Host & Microbe, doi: 10.1016/j.chom.2012.02.006; 2012